Donnerstag, 13. Januar 2011

Die Entstaatlichung in der „dritten Welt“ - unter der Berücksichtigung Afrikas: Teil 2

Gründe für eine Entstaatlichung der Gewalt:

„Personal rule in Africa and its denial of functionally autonomous power for the military has hurt the armed forces‘ professionalism. Personalist leaders see the combination of technical expertise and political loyalty as a security dilemma because the autonomy that military competence requires impinges upon a ruler‘s desire for personal control.“
                                            -Herbert Howe- (1)

Wie auch im Falle der Privatisierung von Gewalt in den Industriestaaten, hat die Abgabe des Gewaltmonopols in der „dritten Welt“ auch mit dem Ende des Kalten Krieges zu tun. Der Überfluss an Mensch und Material aus dem Militärbereich war vor allem auf dem afrikanischen Kontinent spürbar. Aber es gibt mehrere Gründe - im Zuge dieser Arbeit konnten sechs festgestellt werden -, die sich für die Entstaatlichung der Gewalt verantwortlich zeigen:

Ehemalige Soldaten und militärisches Gerät:

Zunächst sei an dieser Stelle abermals auf die Massen von Soldaten hingewiesen, die durch die Zäsur des Jahres 1989 in den zivilen Sektor entlassen wurden. Vor allem die Armee des Apartheidstaates Südafrika war von Reduzierungen betroffen und so bestand wohl die größte Quelle von Soldaten aus eben diesen Beständen der South African Defence Forces [SADF]. Diese Soldaten waren vor allem aufgrund ihres hohen Ausbildungsstandards sowie dem hohen Erfahrungsschatzes äußerst gefragt; nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie die afrikanischen Konflikte gewöhnt waren und sich auch mit verschiedensten Ausrüstungsgegenständen und Waffen zurecht finden konnten.(2)
Waffen gab und gibt es nach wie vor genügend in Afrika, da während der vergangenen 30 Jahren, aufgrund zahlreicher Konflikte und Kriege, an die zehn Millionen automatische Sturmgewehre  und zahlreiche andere Waffen importiert wurden. Am Höhepunkt des Kalten Krieges wurden Waffen und Gerät im Wert von über fünf Milliarden US Dollar pro Jahr nach Afrika geliefert. Vor allem wenn es um Stellvertreterkriege ging, wurde auch noch Ausrüstung geliefert, die das dortige Personal nicht einmal benutzen konnte. Diese Bestände wurden letztlich eingelagert und nach den Kriegen am Schwarzmarkt verkauft.(3) Das Ende der Apartheid öffnete in sämtlichen Konfliktzonen die Waffenarsenale und bewaffnete eine bis dahin schon hochmilitarisierte Gesellschaft noch mehr.  Bereits in den 1980er Jahren waren laut Herbert Howe in Moçambique circa eine Million AK-47 [Das weltweit bekannteste russische Sturmgewehr - die „Kalaschnikov“ Anm.] in privaten Händen.(4) Viele waffenhandelnde und -schmuggelnde Firmen waren vor allem an den natürlichen Ressourcen afrikanischer Länder interessiert und forcierten deshalb nach dem Ende des Kalten Krieges ihre Bestrebungen.(5)

Die Wichtigkeit natürlicher Ressourcen und das Problem der Kriminalität:

Die neuen Konflikte sind typisch für arme und periphere Staaten, denen es an ökonomischen sowie strategischen Ressourcen mangelt. So ist die Kontrolle über die vorhandenen Ressourcen um so mehr relevant, da sie im Falle eines Konfliktes den Kauf von Waffen ermöglichen. Aus diesem Grund sind Warlords und Insurgenten letzten Endes nur wegen der Schwäche des Staates und dem Zugang zu etwaigen Ressourcen überhaupt in der Lage, sich aufzulehnen.(6)
Sollte in einem solchen Fall eine diplomatische Einmischung erfolgen, würde sich unter solchen Umständen eine Mediation als äußerst schwierig erweisen, da Warlords zum größten Teil politische Ziele fehlen, ein ständiger Zuwachs von Splittergruppen zu verzeichnen ist und im Gegensatz zu zwischenstaatlichen Konflikten keine Abhängigkeit von offiziellen Quellen für Waffen oder Patronage besteht.(7)
Diese Konflikte treten gleichzeitig mit einer erhöhten Kriminalität auf, die durch strukturelle Faktoren, wie Armut und Arbeitslosigkeit genährt werden. Eboe Hutchful sieht zudem eine Verschlimmerung dieser Umstände durch neoliberale Reformen. Aber auch politische Entwicklungen wie das Ende der Apartheid in Südafrika hätten zu einer erhöhten Masse an Arbeitslosigkeit sowie ehemaligen Soldaten geführt, die einen leichten Zugang zu Waffen haben. Diese Kriminalität sei schwer zu kontrollieren, da die zuständigen staatlichen Strukturen zu schwach für eine Bekämpfung sind und zudem gegen Organisationen zu kämpfen haben, denen aufgrund weitreichender Drogengeschäfte hohe finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen.(8)

Konzentration der Staatsmacht in einer Person:

In Afrika kann man seit Beginn der „postkolonialen“ Zeit eine deutliche Präsenz von politischen Systemen feststellen, die von selbst ernannten Führungspersönlichkeiten in einem quasi autokratischen Stile geführt werden. Vor allem in den 1980er Jahren herrschte eine Debatte über den „Neo-Patrimonial Staat“ vor, die schon damals wichtige Beobachtungen zu diesem Thema machte.
Es wurde festgestellt, dass Personen, die in einem derartigen Staat über ein öffentliches Amt verfügen, dieses als persönliches Eigentum ansehen. Sehr schnell werden politische und administrative Beziehungen zu persönlichen. Der Staatschef wird zum Patron, zu einem Alleinherrscher auf Lebenszeit. So werden der Staat als Beute und die Ämter als Pfründe angesehen, die eine nicht versiegende Quelle der Macht darstellen, Prestigegewinn inklusive.(9)
Richard Cornwell zitiert hierzu die Autoren Jackson und Rosberg: „What the church was for ambitious men in medieval Europe or the business corporation in nineteenth and twentieth century America, the state is today for ambitious Africans with skill and fortune. The political system in African states is more like a game or a market than a planning organization [...] State power in African countries has been the major arena of privilege [...] accessible to ambitious men of humble origin.“(10)
Dies hat zur Folge, dass andere Gruppen von der Regierung ausgeschlossen werden und ein Klientelsystem aufgebaut wird, das auf Stammeszugehörigkeit oder der Ethnie beruht. Die Rhetorik ist stark ideologisch gefärbt, wenn auch die Herrschaftsausübung hauptsächlich davon geprägt ist, die Macht zu erhalten und somit jegliche Ideologie unwichtig werden lässt.
Die Patronage über die Ressourcen verhindert eine Bildung von Machtzentren, die eine nationale Entwicklung vorantreiben könnten. So wird eine Kollaboration mit ausländischen Konzernen einer Zusammenarbeit mit einheimischen vorgezogen. Herbert Howe drückt es so aus, dass dem „Regime-Survival“ mehr Priorität eingeräumt wird als den nationalen Bedürfnissen.(11) Ein staatlicher Zusammenhalt wird wegen der Furcht vor einer erstarkenden Opposition verhindert; gleichzeitig mit einer Entwicklung des Staates.

Ein schwaches staatliches Militär:

Mit Ausnahme der südafrikanischen Armee, sind andere Heere des Subsahara Bereichs des  afrikanischen Kontinents von einer chronischen Schwäche gezeichnet. Berichte des amerikanischen Verteidigungsministeriums zeigen, dass nur 7 von 46 Streitkräften für einen Multinationalen Friedenseinsatz fähig wären. Und nur neun Staaten von ihnen haben ein starkes Korps an Offizieren. Wenn es um den Einsatz von Pionieren (Brückenbau, Wasseraufbereitung) geht, können lediglich 6 von 42 Armeen auf ein verfügbares Potential zurückgreifen. Was aber gravierender ist, ist die Tatsache, dass nur zwei der ans Meer angrenzenden Staaten so etwas Ähnliches wie eine Marine haben.(12) Das Fehlen einer der drei Grundsäulen der Landesverteidigung - die sich aus Land-, Luft- und eben Wasserstreitkräften zusammensetzen - müsste eine Verstärkung der verbleibenden zwei erfordern. Dem ist aber nicht so.
Um ein paar Beispiele zu nennen: Im Jahr 1996 hatte Moçambique zwar an die 40 russische MiG-21 Kampfflugzeuge, aber einem Verteidigungsataché zufolge „kein Flugzeug das fliegt und kein Boot das schwimmt.“(13) In Zambia sind nur 7 von 20 Panzern einsatzbereit und sämtliche Flugzeuge seit 1992 in Reparatur.(14)

Die Wurzeln dieser, wie es Howe nennt, „militärischen Unprofessionalität“ können bis in die Kolonialzeit zurückverfolgt werden. Die kolonialen Kräfte sicherten ihr Territorium immer nur auf kurze Sicht, da es so im Interesse des Regimes war. Aus diesem Grund wurden kaum nationale Armeen aufgebaut, sondern nur regionale militärische Organisationen.(15)
In dieser Zeit wurde auch der Mythos der „weißen Unbesiegbarkeit“ gebildet, der für viele Konflikte, in die weiße Söldner involviert waren, charakteristisch ist. Die koloniale Herrschaft war nämlich laut Clapham nur deshalb in der Lage, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, weil man sie für mächtig hielt. „They were powerful, because they were believed to be powerful.“(16)
Die Söldner der postkolonialen Zeit konnten von diesem Ruf der militärischen Stärke profitieren, obwohl dies sehr oft nicht auf sie zutraf. Diese Reputation verhalf beispielsweise während des nigerianischen Bürgerkrieges um Biafra (1967-1970) vielen Söldnern zu einer Anstellung.(17)

Erst ab der Unabhängigkeit während der 1960er Jahre entstanden eigene Heere, dennoch oft ohne eigenes Offizierskorps, das nach wie vor von den Kolonialmächten gestellt wurde um eine Bewachung der Grenzen zu gewährleisten und Unruheherde zu befrieden. Howe bemerkt hierzu: „[.], by failing to develop an indigenous and professional officer corps, the forces laid the groundwork for future unprofessional militaries. The lack of national militaries and the lack of local officer corps paralleled colonialism‘s failure to encourage national political identities and political institutions in their african territories.“(18)
Aber die kolonialen Gründe sind nicht die einzigen, die einen negativen Einfluss auf die Entwicklung des Militärs hatten. Vor allem die gezielte Rekrutierung bzw. „ethnische Selektion“ der Soldaten aus bestimmten Bevölkerungsgruppen führt zu großen Problemen. Bereits während der Kolonialzeit wurde bewusst auf eine Ethnisierung gesetzt, um gesellschaftliche Kräfte gegeneinander auszuspielen. Diese Praxis hat sich am Leben erhalten und wird nach wie vor eingesetzt. Die Soldaten werden speziell aus indigenen Minderheiten oder aus als „martialisch“ geltenden Gruppen rekrutiert, aber auch aus den ländlichen Gebieten, wo eine größere Kooperation mit der Staatsmacht herrscht. Ein Beispiel für diese ethnische Rekrutierung wären die Tutsis, die in Ruanda hauptsächlich im Militär anzutreffen waren.(19)
Das staatliche Heer wird aber Peter Singer zufolge, auch als eine Form von Arbeitsbeschaffung für „Problemjugendliche“ herangezogen. Somit wird die Aufrechterhaltung gewisser Standards zusätzlich erschwert, mit dem Resultat, dass immer weniger geschultes Personal zur Verfügung steht.(20)
Der Mangel an, äußeren Bedrohungen ist ein zusätzlicher Faktor, der so manchem afrikanischen Heer schadet. Grundsätzlich ist die Vorbereitung auf einen möglichen feindlichen Eingriff immer ein guter Anlass für eine Forcierung der eigenen Fähigkeiten gewesen. Aufgrund des Fehlens eines klassischen Feindbildes wird aber so auch die Akzeptanz für ein Heer in der Bevölkerung beeinträchtigt.
In hundert Jahren wurde fast nie eine afrikanische Armee mit einem feindlichen Heer konfrontiert, allein schon aufgrund der Tatsache, dass auf der Berliner Konferenz von 1884-85 klare Grenzen in Afrika gezogen wurden, um Konflikte mit anderen Kolonialmächten zu verhindern. Während des 20. Jahrhunderts standen sich auch die großen Kolonialmächte in Afrika nicht antagonistisch gegenüber, vor allem deshalb, da sie in beiden Weltkriegen Verbündete waren. Deutschland und Italien sind hierbei selbstverständlich ausgenommen.(21)
Durch die Abwesenheit von ernstzunehmenden Gefahren nach 1918 verlangsamte sich die Entwicklung eines indigenen Offizier Korps. Es herrschte auch die Angst vor, dass geschulte Afrikaner dem militärischen Flügel einer Unabhängigkeitsbewegung beitreten könnten. Deshalb wurden nur vereinzelt Afrikaner zu Offizieren ausgebildet. In Sierra Leone gab es deshalb bis 1950 keine afrikanischen Offiziere. Die Briten hatten überhaupt erst ab 1960 den ersten afrikanischen Major. Im belgischen Kongo waren von den 24 000 Soldaten im Jahr 1960 nur drei Offiziere im Rang eines Sergeant-Majors und Frankreich hatte sogar 1954 weniger afrikanische Offiziere als 1946, konnte aber dieses Defizit schneller ausgleichen als die anderen Kolonialmächte.(22)
Herbert Howe zufolge legten die Regierungen der Kolonien auch keinen Wert auf eine Ausbildung von indigenen Offizieren, selbst als eine kommende Unabhängigkeit offensichtlich wurde. Man spekulierte einfach auf eine lange Transition und einer dadurch bedingten, längeren Stationierung der eigenen Truppen.(23)
Mit dem Ende des Kalten Krieges verschlimmere sich die Situation für die staatlichen Heere insofern, da mit 1990 die militärische Unterstützung der Großmächte einbrach. Waren es während des Kalten Krieges noch an die fünf Milliarden US Dollar, so wurden 1995 nur mehr 270 Millionen US Dollar subventioniert.(24)
Aber nicht nur politische, strukturelle oder soziale Probleme machen den Streitkräften zu schaffen. Ein gravierendes Problem ist die großflächige Verbreitung des HIV-Virus und der daraus folgenden Aids Erkrankungen. Schätzungen zufolge sind in Angola und dem Kongo an die 50% der Soldaten infiziert. In Uganda sollen es 66% sein, in Malawi 75% und in Simbabwe sogar 80%. Dies führt zu einem schleichenden Verfall innerhalb der ohnehin schon geschwächten Streitkräfte.(25)
Eine Ausnahme in der oben angeführten Problemstellungen ist der Staat Südafrika. Hier war stets eine militärische Stärke notwendig um die unterdrückte schwarze Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. So wurden westliche Militärstandards auf die afrikanischen Verhältnisse angepasst, eine Massnahme, die in weiterer Folge den Angestellten von Executive Outcomes zugute kam.
Südafrika kann auf eine lange Liste militärischer Auseinandersetzungen zurückblicken, die den Bedarf an militärischem „Know How“ zu jeder Zeit unterstrichen hat. Seien es die Kriege mit dem Volk der Zulu, der „Great Trek“ (1836-1852), der Buren Krieg (1899-1902) oder die Beteiligung an beiden Weltkriegen, dem Korea Krieg oder dem Border War im südafrikanisch besetzten Namibia sowie in Angola von 1966 bis 1989.(26)

Generell gesehen haben Regierungen, seien es nun demokratisch gewählte oder diktatorische, meistens ein Problem mit der eigenen Armee. Entweder ist sie nicht in der Lage, die ihr auferlegten Pflichten zu erfüllen, oder sie wird zu einer potentiellen Gefahr. Problematisch wird es vor allem für Regierungen, die sich entschließen, aufgrund einer „unfähigen“ Armee externe Hilfe anzunehmen, vor allem, wenn diese Hilfe in der Form von PMCs kommt. Die eigenen Soldaten sehen sich dann meist mit einem Konkurrenten konfrontiert, der höchstwahrscheinlich um ein Vielfaches besser bezahlt wird. Dies hat auch schon zu Rebellionen geführt, wie der Fachwelt im nordöstlich von Australien gelegenen Papua Neu-Guinea vor Augen geführt wurde, wo die Firma Sandline letzten Endes das Land verlassen musste.
Aber nicht nur innenpolitisch muss eine Heranziehung privater Sicherheits- und Militärfirmen unterstützt werden. Auch vom aussenpolitischen Standpunkt her muss ausreichend Unterstützung vorhanden sein, auch wenn es nur eine Stillschweigende ist.(27) Somit haben sich viele Länder Afrikas „in eine Abhängigkeit der Sicherheitsgarantien der Supermächte“ begeben, statt von selbst eine Verbesserung voran zu treiben.(28)

Das Problem afrikanischer Staatlichkeit:

Ein Hauptmanko afrikanischer Staatlichkeit ist wohl das Fehlen einer allgemein gültigen Idee eines Staates. Aus diesem Grund kann auch keine Sicherheitsstruktur aufgebaut werden, vor allem nicht in einem Schmelztiegel verschiedenster  Ethnien und kollektiver Identitäten.(29) Denn der Staat wird nicht als solcher angenommen, da die Grenzen von der Kolonialherrschaft auferlegt wurden und die Identitäten als künstlich gelten, auch wenn jede Identität eine generierte ist.(30) Richard Cornwell meint hierzu: „For most of Africa‘s peoples, the state has long ceased to be the provider of security, physical or social. Only the ‚useful bits‘ will be recolonised by the forces of the outsiders.“(31)
So gesehen ist Clapham zufolge die Auferzwingung des Territorialstaates über verschiedene Bevölkerungsgruppen eines der Probleme afrikanischer Sicherheit und nicht die europäische Kolonialzeit „per se“.(32) Rückblickend wurden nämlich unzählige Gesellschaften und Personenverbände, die auf bindende Systeme wie der Blutsverwandtschaft aufgebaut waren, in ca. fünfzig Staaten zusammengefasst. Umso mehr ist es dann verwunderlich, wenn man bedenkt, dass in der Postkolonialen Ära kein Versuch unternommen wurde, zu der „natürlichen Form des Prä-Kolonialen Afrikas“ zurückzukehren.(33)
Ein in solchen Ländern tobender Guerillakrieg ist laut Clapham ein Resultat, aber auch ein Grund  schlechten Regierens, da verschiedenste „Freiheitsbewegungen“ gegen eine koloniale oder von Minderheiten gebildete Regierung rebellieren, die die Staatsmacht nur dazu ausnützt, die regierende Gruppe zu beschützen, und sei es nur vor einer Forderung nach Regierungsbeteiligung. Beispiele hierfür sind prinzipiell in „Staaten“ wie Äthiopien, Liberia, Somalia, Uganda oder dem damaligen Zaire (der heutigen, demokratischen Republik Kongo)  zu sehen.(34)
Aus diesen Gründen sind afrikanische Staaten auch gegen eine „externe Subversion“ schlecht vorbereitet, da sie aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte sowie einer schlechten ökonomischen Entwicklung nicht in der Lage waren, ein effektives Staats- und Sicherheitssystem aufzubauen.(35)

Der negative  Einfluss von NGOs:

Aufgrund zahlreicher humanitärer Gründe, sind in Afrika vermehrt Nichtstaatliche Organisationen tätig, die es sich zum Ziel gesetzt haben den Menschen, den Tieren und der Pflanzenwelt am „schwarzen Kontinent“ zu helfen. Die Gemeinschaft der NGOs muss sich jedoch einer immer gefährlicheren Lage vor Ort stellen, die sich seit den 1990er Jahren zusehends verschlimmert hat.  Allein schon aus dem Grund, dass Hilfe nie neutral ist, werden die Helfer oft zum Ziel von Angriffen. Die Aktivitäten der NGOs können nämlich auch als politisch aufgefasst werden. Sobald nämlich ersichtlich wird, dass auch potentielle Gegner einer kriegsführenden Partei, oder auch nur politische Kontrahenten versorgt werden - sei es medizinisch o.a. - kann nur mehr eine bewaffnete Schutztruppe für Sicherheit sorgen.(36) Die Vorkehrungen für die Sicherheit der einzelnen Mitarbeiter muss aber von den NGOs selbst übernommen werden, da die UNO sowie die betroffenen Regierungen nicht für die Sicherheit aufkommen können oder wollen.(37) Aus diesem Grund heuern die lokalen Mitarbeiter Soldaten, Milizen oder auch PSCs an, um ein Mindestmaß an Sicherheit zu garantieren und forcieren somit eine weitere Entstaatlichung.(38)
So wird in vielen Regionen auch die Verwaltung durch NGOs ersetzt, die eine direkte Konkurrenz zur lokalen Verwaltung darstellt. Daraus folgt ein zusätzlicher Legitimitätsverlust der Zentralherrschaft. „Aus Entwicklungshilfe von Nichtregierungsorganisationen ist [eine] parastaatliche Entwicklungsherrschaft von NRO [NGOs] geworden.“(39)

Ende Teil 2
DCJ
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Endnoten:
1) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 11.
2) Greg Mills, John Stremlau, The Privatisation of Security in Africa. S. 5.
3) Peter Lock, Africa, Military Downsizing and the Growth in the Security Industry. In: Jakkie Cilliers, Peggy Mason (Hg.), Peace, Profit or Plunder? : The Privatisation of Security in War-Torn African Societies. o.O. 1999, S. 13 und 21f.
4) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 7.
5) William Reno, Warlord Politics and African States. S. 89
6) Eboe Hutchful, Understanding the African Security Crisis. In: Abdel-Fatau Musah, J. ‘Kayode Fayemi (Hg.), Mercenaries. An African Security Dilemma, London 2000, S. 219.
7) Eboe Hutchful, Understanding the African Security Crisis. S.220.
8) Eboe Hutchful, Understanding the African Security Crisis. S. 221.
9) Trutz von Trotha, Gewalt, Staat und Basislegitimität. S. 5.
10) zit. Nach: Richard Cornwell, The Collapse of the African State. In: Jakkie Cilliers, Peggy Mason (Hg.), Peace, Profit or Plunder? : The Privatisation of Security in War-Torn African Societies. o.O. 1999, S. 64f.
11) Herbert Howe, Ambiguos Order. S, 10.
12) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 58.
13) Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 103.
14) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 59.
15) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 29.
16) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 26.
17) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 29.
18) Ebda.
19) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 30
20) Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 102f.
21) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 32.
22) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 33.
23) Ebda.
24) Peter Lock, Söldner und Rebellen. S. 64. Vgl. Peter Lock, Africa, Military Downsizing and the Growth in the Security Industry. S. 13.
25) Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 104.
26) Herbert Howe, Ambiguos Order. S. 34. Vgl. hierzu: Deborah Avant, The Market for Force. S. 157f.
27) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 39.
28) Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 102.
29) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 30.
30) Greg Mills, John Stremlau, The Privatisation of Security in Africa. S. 9.
31) Richard Cornwell, The Collapse of the African State. S. 76.
32) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 27.
33) Richard Cornwell, The Collapse of the African State. S. 62.
34) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 31.
35) Christopher Clapham, African Security Systems. S. 32.
36) Herbert Wulf, Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden. S. 149. Vgl. Christopher Spearin, Private Security Companies and Humanitarians: A Corporate Solution to securing Humanitarian Spaces? In: International Peacekeeping, Vol.8, No. 1, Spring 2001, S. 39.
37) Zu den Problemfeldern der humanitären Hilfe und Privater Sicherheitsfirmen siehe: Christopher Spearin, Private Security Companies and Humanitarians. S. 20- 43.
38) Greg Mills, John Stremlau, The Privatisation of Security in Africa. S. 7.
39) Trutz von Trotha, Georg Klute, Von der Postkolonie zur Parastaatlichkeit - Das Beispiel Schwarzafrika. In: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik, Dez. 2001, <http://www.bmlv.gv.at/pdf_pool/publikationen/03_jb01_34_tro.pdf>, zuletzt eingesehen am 17.09.2008, S. 13.
    Vgl. hierzu: Deborah Avant, The Market for Force. S. 204.